Foto: Sara Rieger
Im Gespräch über Hildegard von Bingens Pflanzenheilkunde
ODERNHEIM. Am 3.6.2023 findet erneut ein Workshop zu Hildegard von Bingens berühmter Pflanzenheilkunde auf dem Disibodenberg statt. Zu diesem Anlass sprach die nahe-dran Redaktion mit der Leiterin des Workshops Sara Rieger über die Relevanz, die Hildegards Wissen heute noch hat und darüber, was Rieger persönlich so an Hildegards Pflanzenheilkunde fasziniert.
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Frau Rieger, welche Aktivitäten haben Sie denn für den anstehenden Workshop geplant?
Der Workshop beginnt mit Informationen zur Biografie Hildegards von Bingen, von ihrer Kindheit an über den Eintritt in die Frauenklause am Benediktinermännerkloster Disibodenberg, ihre Autorenschaft in den Bereichen theologische Visionsschriften bzw. Bibelauslegung, Musik und Naturkunde bzw. Heilkunde bis hin zur Gründung ihres eigenen Frauenklosters auf dem Rupertsberg bei Bingen. Danach werfen wir einen Blick auf die Geschichte der Pflanzenheilkunde im Allgemeinen, um uns dann der spezifischen Heilkunde Hildegards zu widmen. Hier werden auch Beispiele aus den Bereichen tierische und mineralische Heilmittel gezeigt. Daran anschließend bereiten wir eine Teemischung nach einem Rezept der Heiligen sowie eine Gewürzmischung zu und besprechen von ihr sehr geschätzte Arzneipflanzen und deren Wirkung.
Welche Kräuter benutzen Sie besonders gerne und welche Kräuter sind gerade in der Saison?
Ich selbst benutze im Alltag einige der Gewürze und Kräuter der Hildegardheilkunde, auch jene, welche im Workshop besprochen werden. Man muss allerdings bedenken, dass die Heilkunde der Benediktinerin sehr umfassend ist und alle Bereiche der Schöpfung umfasst, Erden, tierische und mineralische Heilmittel und eben auch pflanzliche Heilmittel. Der Workshop bietet nur einen ersten Einblick. Wer sich umfassender mit der Heilkunde Hildegards auseinandersetzten will, kann sich auch Literatur ansehen, welche ich vertiefend empfehle. Die Kräuter Hildegards sind zum Teil sehr spezifisch, es sind auch Ingredienzen in ihren Rezepten, welche nicht gängig sind und nicht bei uns in Wald und Flur wachsen, daher kommt es nicht so sehr darauf an, welche Kräuter gerade Saison haben. Die Kräuter und Gewürze, welche wir im Workshop verwenden, kaufe ich vorher bei einer guten Adresse ein.
Wieso interessieren Sie sich gerade für die Pflanzenheilkunde Hildegards von Bingen so sehr?
Ich bin leidenschaftliche Gärtnerin und habe hinter dem Haus einen großen Naturgarten, in welchem auch Kräuter, auch viele von Hildegard geschätzte Pflanzen, wachsen. Es geht mir dabei aber nicht nur um deren Heilwirkung, sondern auch um die Schaffung eines Refugiums für Insekten und viele andere Tiere. Gerade Kräuter bieten eine wunderbare Nahrungsgrundlage für Insekten und durch die in ihnen enthaltenen ätherischen Öle schützen sie auch Nutz- oder Zierpflanzen in ihrer unmittelbaren Umgebung. Hildegard liebte und schätze die gesamte Schöpfung und brachte ihr Respekt entgegen und mir geht es genauso. Außerdem wohne ich in der Nähe des Disibodenberges und bin auch begeistert von der reichen und interessanten Klostergeschichte selbst, auch von daher ist die Nähe zu Hildegard und ihren Schriften gegeben.
Welche Relevanz hat Hildegards Wissen, welches ja schon hunderte Jahre alt ist, überhaupt heute noch für uns? Was können wir von ihr lernen?
In Bezug auf Hildegards natur- und heilkundliche Schriften, muss man bedenken, dass sie aus der reichen pflanzenheilkundlichen Tradition schöpft, welche schon seit Beginn der Menschheitsgeschichte angewendet wird, sie greift auf überliefertes Wissen aus der Antike und auch aus der Klostermedizin sowie der volkstümlichen Medizin zu. Dazu kommt ihrer Aussage nach auch Wissen aus ihrer visionären Schau. Das Heilen mit Pflanzen und deren Inhaltsstoffen macht ja auch heute noch einen Teil unserer Medizin und der verwendeten Medikamente aus. Man sollte allerdings nicht kritiklos und ohne Vorsicht mit Hildegards Rezepten experimentieren. Auch hier macht es die Dosis und auch Pflanzen können Nebenwirkungen haben. Ich empfehle die Werke von Dr. Hertzka und Dr. Strehlow. Herztka und Strehlow haben die Hildegard-Heilkunde, wie wir sie heute kennen, geprägt und die Heilvorschläge geprüft.
Lernen können wir von Hildegard sicher in der Hinsicht, dass sie das vernünftige Maß in allen Dingen und Tätigkeiten sehr hoch schätzt, wir können ihren Respekt vor der Schöpfung zum Vorbild nehmen. Ihre ganze Heilkunde zielt auf ein gottgefälliges, gutes, ausgeglichenes Leben ab, ist umfassend auf Geist und Körper bezogen, auf unsere Beziehungen zu uns selbst, unseren Mitmenschen und zur Natur und zu Gott. Man darf jedoch nicht vergessen, dass das Denken im Mittelalter, auch das Weltbild, ein völlig anderes war als heute. Um der historischen Person Hildegard und ihrem Werk nahe zu kommen, sind meiner Meinung nach viele Stunden Studium nötig. Es gibt auch Aussagen von ihr, welche unserem modernen Denken sehr fremd sind oder zuwiderlaufen.
Glauben Sie, Hildegards Pflanzenheilkunde kann eine wirksame Alternative zur Behandlung bestimmter Krankheitsphänomene darstellen?
Der Workshop, den ich anbiete, hat in erster Linie einführenden, informativen Charakter und hat nicht den Anspuch, ein komplettes Heilkonzept oder Heilvorschläge für bestimmte Krankheiten zu bieten. So tief geht mein Wissen nicht und ich bin weder Ärztin noch Heilpraktikerin. Man kann versuchen, die im Workshop vorgestellten Kräuter zu Hause nutzbringend zu verwenden und sicherlich kann Hildegards Heilkunde in einigen Fällen Erleichterung oder Heilung bringen. Um ein Leiden oder eine Krankheit mit Hilfe der Hildegard-Heilkunde anzugehen, sollte man sich an einen in diesem Bereich erfahrenen Mediziner oder Heilpraktiker wenden. Auch soll hier die Naturheilkunde nicht gegen die Schulmedizin ausgespielt werden. Beide Bereiche sind meiner Meinung nach notwendig und wichtig und können sich eventuell ergänzen.
Die Fragen stellte Benigna Wilms
Der Workshop beginnt am Samstag, den 3.6. um 14:00 und dauert bis 16:30. Treffpunkt ist auf dem Museumshof.
Die Kosten liegen bei 32 € inklusive Material, Handout und Eintritt.
Infos und Anmeldung bei Sara Rieger, salive2018@gmail.com
Der Workshop findet erneut am 19.8.2023 statt.
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