Auf den Spuren der Biber in Monzingen
Monzingen. Er war in Mitteleuropa zwischen 1800 und 1850 schon fast ausgerottet: Der Biber wurde wegen seines Fleisches und seines Fells gnadenlos gejagt. Vor sieben Jahren wurden die Tiere erstmals wieder an der Nahe gesichtet. Von Enrico Angelucci.
Den Vorsitzenden des Bad Sobernheimer Ortsvereines des Naturschutzbundes (Nabu), Rolf Model, erreicht ein Anruf aus Meddersheim. Er macht sich auf zur Bibersuche in den Naheauen bei Monzingen. Über kanckendes Geäst und japanischen Staudenknöterich streift Rold Model entlang der rauschenden Nahe. „Die Biber legen hier geschickt Weiden und Pappeln um, damit sie an die Äste kommen“, erklärt der Nabu-Vorsitzende. Diese fressen sie nicht nur, sondern stauen damit das Wasser zum Bau ihrer Biberburg samt Damm. Wegen des Stauwehrs flussabwärts Richtung Bad Sobernheim ist die Nahe bei Monzingen so tief, dass der Biber von vornherein einen optimalen Lebensraum vorfindet, wie Rolf Model weiß.
Seit 1976 dürfen Bieber nicht mehr gejagt werden. „Die Nagetiere wurden einst auch wegen ihres Drüsensekretes gefangen“, erklärt Model mit Bedauern. „Weil sie Weiden fressen und diese Bäume medizinisch zur Herstellung von Aspirin schon damals verwendet wurden, sprach man dem Bibersekret heilende Wirkung zu“, erläutert Model. Dieses Sekret lässt sich zum Glück der Biber mittlerweile aber künstlich herstellen. „Dafür muss man keine Biber mehr jagen“, unterstreicht Model. Deutlich sichtbar sind Baumstämme am Naheufer bei Monzingen zu entdecken, an denen der Biber Hand – beziehungsweise Zahn – angelegt hat. Und die Zähne eines Biebers wachsen ein Leben lang nach. So werden sie enorm beansprucht. Die Zähne sind selbstschärfend und haben eine ungeheure Bisskraft. Sie haben eine orangene Färbung durch Eiseneinlagerungen. In Bieber-Revieren steigen die Artenzahlen sprunghaft an, da durch das Wirken des Nagers auf kleinstem Raum die unterschiedlichsten Biotope entstehen.
"Es ist schön, dass er da ist!"
Auf bis zu drei Kilometern Länge lebt ein Biber an einem Fluss. Das Tier renaturiert begradigte Flüsse und Biberdämme halten das Wasser in der Fläche zurück. Auf diese Weise fließt es nicht mehr so schnell ab. Dies trägt effektiv zum Hochwasserschutz bei. Grund genug für Rolf Model, sich mit dem Nabu über die Wiederkehr des Bibers sehr zu freuen. „Es ist schön, dass er da ist!“ Weil angeschwemmtes Treibholz sich zu großen Bergen an der Nahe bei Monzingen aufgebauscht hat, kann Model die Biberburg nicht ausmachen. Der Eingang liegt immer unter Wasser, um ungebetene Gäste fernzuhalten. „Die Angler sitzen hier nachts oft und rufen mich an, wenn sie die Biber erspähen“, erzählt Model über die aufmerksamen Angler, die im Mondenschein dem fleißigen Treiben der nachtaktiven Monzinger Biber zusehen.
Nabu hält Konfliktberatungen ab
Biber werden 130 Zentimeter lang, davon entfallen 30 Zentimeter auf den abgeflachten, beschuppten Schwanz. „Wenn sie den wild auf das Wasser knallen, heißt es: Abstand nehmen!“, beschreibt Model und lacht. Ein ausgewachsener Biber bringt ein Gewicht von 25 bis 30 Kilogramm auf die Waage. Sie werden durchschnittlich bis zu zehn Jahre alt, und manchmal sogar bis zu 25 Jahre. Um der Verbreitung der Biber unter die Arme zu greifen, wurden vor vielen Jahren kanadische Biber eingeflogen. Die jedoch passten biologisch nicht zu den eurasiatischen Bibern. Denn letztere haben 48 Chromosomen, die Tiere aus Kanada nur 40. „Da mussten alle Nager aus Kanada wieder eingefangen werden, das hat ewig gedauert“, beschreibt Rolf Model schmunzelnd. Nicht bei jedem sind die Tiere willkommen. Die Fällungen von Gehölzen etwa, Fraßschäden an Feldfrüchten oder die Grabaktivitäten im Erdreich stoßen bei manchem auf weniger Freude. Der Nabu hält Konfliktberatungen ab, um die Vorzüge der Biber herauszustellen. Schäden sollen so zudem reduziert und vermieden werden. Präventivmaßnahmen werden vermittelt. Rolf Model ist ausgebildeter Biberbetreuer von Rheinland-Pfalz.