„Drittsitz für die Phantom“
Als ein Aprilscherz auf dem Nato-Flugplatz Pferdsfeld Geschichte schrieb
PFERDSFELD. Der 1. April 1983 war ein Tag, den man beim damaligen Jagdbombergeschwader 35 so schnell nicht vergessen sollte. Denn die Nachricht, veröffentlich im „Schinderhannes“, der vierteljährlich erscheinenden Zeitschrift für Angehörige und Freunde des Jagdbombergeschwaders 35, Sobernheim, ließ selbst gestandene Militärs aus Brüssel aufhorchen: Auf dem Gelände des ehemaligen Nato-Flughafens sollte die Phantom F-4 AS mit einem dritten Cockpit vorgestellt werden – ein angeblich revolutionäres Waffensystem mit einem Electronic Operator „ELOP“ an Bord. Doch was als bahnbrechende Neuentwicklung präsentiert wurde, entpuppte sich bald als genial eingefädelter Aprilscherz.
Von Simone Mager
Verantwortlich für die Idee war laut Claus Jotzo, damaliger Redakteur vom Dienst der Zeitschrift für Angehörige und Freunde des JaboG 35 und heute Herausgeber eines Bad Kreuznachers Online-Nachrichtenportals, Major Schwien, zu jener Zeit S1-Offizier im Geschwader. Die fototechnische Umsetzung – eine verblüffend echte Montage einer dreisitzigen Phantom – stammte von Oberfeldwebel O. Karkoschka. Und so fand sich Ende März in der Geschwader-Zeitschrift ein Artikel, der in bestem Bundeswehr-Deutsch das Rollout eines angeblich komplett umgebauten Phantom-Prototyps verkündete.

Angeblich zwölfmonatige, streng geheime Entwicklungszeit
Die neue F-4 AS sollte nicht nur die elektronische Kampfführung revolutionieren, sondern auch durch das zusätzliche Cockpit für den „Elektronik Operator“ (ELOP) mehr Sicherheit für die Crew bieten. Der Prototyp sei, so hieß es, das Ergebnis eines zwölfmonatigen Entwicklungsprogramms – natürlich streng geheim. Der angeblich anstehende „Jungfrauenflug“ Anfang April sollte sogar mit internationalem Besuch stattfinden: Der Militärattaché der russischen Botschaft, BrigGen Ivan Javanowitsch, sowie ein Vizepräsident des Herstellers McDonnell Douglas hätten sich bereits angekündigt.
Doch der Höhepunkt folgte erst noch: Sogar Nato-Vertreter aus Brüssel fielen auf den gut getarnten Gag herein und reisten nach Pferdsfeld, um sich das neue Wunderflugzeug live anzusehen. Vor Ort wurde ihnen jedoch rasch klar: Sie waren Opfer eines ausgeklügelten Aprilscherzes geworden. Der „Jungfrauenflug“ wurde wie die F4 nie Realität.
Während die einen herzlich lachten, mussten andere den diplomatischen Schaden begrenzen. Claus Jotzo erinnert sich heute schmunzelnd: „Ausbaden musste den Ärger unser damaliger Commodore, Oberst Georg Müller.“ Mit dem nötigen Fingerspitzengefühl glättete er schließlich die Wogen – und sicherte dem Jagdbombergeschwader einen Platz in der Geschichte der besten militärischen Aprilscherze. Heute, Jahrzehnte später, ist die Geschichte rund um die F-4 AS längst Teil der Pferdsfelder Folklore – und ein schönes Beispiel dafür, wie ein Scherz mit Liebe zum Detail sogar international für Aufsehen sorgen kann.