Das Haus Neuwied-Heddesdorf war das erste Haus im rheinland-pfälzischen Freilichtmuseum. Foto: Armin Seibert.
Wiedergeburt des ersten Hauses im Freilichtmuseum 1975
Schulhaus Neuwied-Heddesdorf hatte Gemeinschaftsbackofen und großen Weinkeller
BAD SOBERNHEIM. Über das erste Gebäude des Freilichtmuseums Sobernheim (damals noch ohne „Bad“) schrieb Museumsleiter Dr. Klaus Freckmann 1976 in den „Landeskundlichen Vierteljahresblättern“ eine zehnseitige Abhandlung. Darin wird das alte Schulhaus aus Neuwied Heddesdorf historisch gewürdigt und der komplizierte Wideraufbau im reizvollen Nachtigallental beschrieben. Das exakte ursprüngliche Baujahr ist nicht bekannt, doch ein „dendrochronologisches Gutachten“ geht davon aus, dass die Eckständer und ein Unterzug mit 1705 und 1720 zu datieren sind. So geht man von 1720 als Baujahr aus. Vermutungen einer Einrichtungszeit im 17. oder gar 16. Jahrhundert erweisen sich damit als unbegründet.


Im Winter 1974/1975 war das Schulhaus in Einzelteilen zerlegt in etlichen Transporten in Sobernheim angekommen. Zwei Handwerker, die damals einzigen des Museums, machten sich an die Arbeit. Sie gründeten den tonnengewölbten Weinkeller, schlugen das Fachwerk auf. Das Originalholz erwies sich als faul und wurmstichig und die Suche nach geeignetem Ersatzholz aus Abbrucharbeiten war langwierig. Drei Backofenbauer bauten den alten Gemeindebackofen wieder auf und im September 1976 wurde Richtfest gefeiert.
165 Kinder und nur ein Lehrer
Im Rückblick auf die Geschichte des Hauses informiert Freckmann darüber, dass es bis 1850 in Neuwied-Heddesdorf wohl Weinbau gab – der geräumige Weinkeller des Schulhauses verweist auf die „Schulweinberge“. Mit der Einführung der Schulpflicht durch den Grafen zu Wied und den Kölner Erzbischof schon im 16. Jahrhundert wurde vermutlich zunächst im Pfarrhaus unterrichtet. Bis 1825 war im Ort nur ein einziger Lehrer für den schulpflichtigen Nachwuchs zuständig. Doch als 165 Schüler unterrichtet werden sollten, stellte man einen Gehilfen ein und mietete ein Zimmer im Nachbarhaus an.
Schon 1905 abrissreif, dann Museumsstück
1890 zog man in einen Schulneubau um, verwendete das alte Haus als Arbeiterwohnungen. Von 1905 an habe das einst „ehrwürdige Gebäude“, das zuvor womöglich als Rathaus gedient hatte, auf den Abriss gewartet. Der erfolgte aber erst einmal nicht. Das Haus wurde weitervermietet und 1959 an einen benachbarten Landwirt verkauft, der später die verbliebene Bausubstanz dem Freilichtmuseum übereignete. Der Backofen war bis dahin längst abgebrochen, nachdem schon um 1900 das gemeinschaftliche Backen im Dorf eingestellt worden war.
Von Armin Seibert.