Joachim Fritsch unterrichtete 20 Jahre lang ehrenamtlich Kinder im Freilichtmuseum.
Lernen wie vor 300 Jahren im Rheinland-Pfälzischen Freilichtmuseum
Von der Geschichte viel gelernt
BAD SOBERNHEIM. Das Freilichtmuseum mit Leben erfüllen und in den alten Häusern einen sprichwörtlich lehrreichen Blick in den oft harten Alltag der Vorfahren ermöglichen: Das ist lebendiger Geschichtsunterricht. Und wo könnte das sinnvoller geschehen als in einer Schule. So war es kein Wunder, dass das frühere Schulhaus und Rathaus aus Neuwied-Heddesdorf das erste Museumshaus im Sobernheimer Nachtigallental war. Daran ist das 50-jährige Bestehen des Museums festgemacht. Lernen wie vor 100, 200 oder 300 Jahren hatte sich der studierte Sozialarbeiter und spätere Logistiker bei der Bundeswehr in Pferdsfeld, Joachim Fritsch (84), zur Aufgabe gemacht. Anfang des neuen Jahrtausends ging er in Pension ging und unterrichtete dann sozusagen im Unruhestand ehrenamtlich fast 20 Jahre lang. Nach Corona war dann für ihn Schluss.
Von Armin Seibert
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Nachdem der damalige Museumspädagoge Görgen in Pension gegangen war und die Stelle nicht neu besetzt wurde, drohte Leerlauf im Museums-Lehramt. Als Mitglied der ehemaligen Bundeswehr-Geschwaderangehörigen, die in den 90ern ihr eigenes Museumshaus gebaut hatten und mit Leben erfüllen, kam Joachim Fritsch dort mit Museumsleiter Dr. Michael Schimek ins Gespräch. Er ließ sich vom Ehrenamts-Lehrerjob überzeugen und arbeitete sich in die Materie ein. Er unterrichtete Schüler bis hin zur achten Klasse. Pro Gruppe eine Schulstunde. „Manchmal waren es vor den Schulferien am Tag bis zu sechs Schulstunden,“ blickt Fritsch zurück. Seine Frau Jutta widmete sich im nahen Hunsrückdorf dem Hausarbeitsunterricht. Sie backte mit den Kindern, zeigte ihnen, wie Nähen und Waschen im Mittelalter funktionierten. So waren Joachim und Jutta Fritsch die ersten Ehrenamts-Museumspädagogen
Lernziel: Gehorsame bibeltreue Untertanen
Schule im Mittelalter, das war im früheren Rathaus aus Neuwied kein Anliegen wie heute, nämlich aufgeklärte, gut informierte Bürger zu erziehen. Im Gegenteil: Gehorsame Untertanen sollten es sein. Fritsch besorgte sich aus dem Koblenzer Staatsarchiv einen Lehrplan von 1783. Da ging es zu 80 Prozent ums Auswendiglernen des Katechismus und um Bibelkunde. Fritsch erfuhr: „Als das Haus Heddesdorf 1720/21 gebaut wurde, waren dort andere Bücher nicht gestattet. Geschrieben wurde auf Wachstafeln. Die Schiefertafel kam erst 100 Jahre später – ein Schotte erfand sie.“
Im Unterricht ging es streng zu – das versuchte auch Ehrenamts-Lehrer Fritsch durchzuziehen, und freute sich, dass die Kinder mit dieser Methode auch sehr einverstanden waren. Es sollte etwas hängen bleiben. Wie auch heute gab es zwar mitunter notorische Störer, aber das war dann halt so, denn die damaligen Strafen wurden im Museums-Unterrichtet natürlich nicht vollzogen. Es waren auch überschaubare Gruppen und nicht wie einst über 50 Kinder in dem kleinen muffigen Raum mit niedriger Decke und Bollerofen.
Liebevolle Ansprache statt Prügel
Fritsch hielt es indes eher mit einem Heddesdorfer Lehrer um das Jahr 1750, der als Philanthrop eher auf liebevolle Ansprache statt auf Prügel setzte. Ein gutes Mittel, in die die Schul-Geschichte der Groß- und Urgroßeltern-Generation einzutauchen, war und ist das Vermitteln der Sütterlin-Schrift. Diese wird hier heute noch hier gelehrt: Das ABC mit fremd anmutenden Schriftzeichen. 1911 von Sütterlin „erfunden“ war die Schrift 30 Jahre später schon Vergangenheit. Die Nazis verboten sie, weil man ja Weltmacht werden wollte und eine Schrift brauchte, die weltweit und nicht nur im „Reich“ lesbar war. Wer sie akkurat beherrschte hinterließ interessante Dokumente, wer schmierte wie viele heute, hinterließ unlesbares Gekrakel.
Sie kannte das Buch der Offenbarung
Einen bleibenden Eindruck bei Joachim Fritsch machte eine Mädchenklasse aus den Vereinigten Staaten: Eine Schülerin (16) merkte an, dass auch sie konsequenten Bibelunterricht genossen habe. Fritsch fragte sie nach dem Buch der Offenbarung, und sie wusste, was drinsteht. Beeindruckt war er von einer Klasse aus Trier, die nach der Schulstunde geschlossen das Vaterunser auf Latein herunterbetete. So lernte auch Fritsch im Ruhestand im früheren Amtssitz von Friedrich Wilhelm Raiffeisen viel dazu. Er zieht eine positive Bilanz und kann es Interessenten nur empfehlen, sich im Freilichtmuseum ehrenamtlich zu engagieren.
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