Museumsdirektorin Sabrina Hirsch (r). vor einer Gruppe von Zuhörern im Freilichtmuseum anlässlich des Saisonauftakts 2025. In ihrer Führung gab sie Einblicke ins Jubiläumsjahr. Foto: Armin Seibert
Freilichtmuseum Bad Sobernheim feiert Goldjubiläum
Hunderte zum Auftakt im Nachtigallental – Ein Hoch auf die fleißigen Ehrenamts-Mitarbeiter - Jüngere Vergangenheit rückt ins Blickfeld
BAD SOBERNHEIM. Das rheinland-pfälzische Freilichtmuseum im Bad Sobernheimer Nachtigallental feiert in diesem Jahr Goldenes Jubiläum. Vor 50 Jahren wurde das erste Haus nach „Umsiedlung“ eingeweiht. Aber was sind 50 Jahre in diesem Museumsdorf? Denn es lädt zur Zeitreise durch über 500 Jahre ein. Mit „Kaiserwetter“ war der Saisonstart am Sonntag, 16. März, gesegnet. Hunderte Besucher aller Altersklasse von Säuglingen im Bollerwagen bis zu betagten Senioren mit schwer manövrierbarem Rollator auf Kopfsteinpflaster nutzten die Gelegenheit, Frühlingsluft zu schnappen und viele neue Projekte und Museumsmitarbeiter kennenzulernen.
Von Armin Seibert





Museumsleiterin Sabrina Hirsch war begeistert. Statt der erwarteten zwei Dutzend Teilnehmer unter dem Motto „Einblicke und Ausblicke“ machte sie über 50 Besuchern in einer einstündigen Führung Lust auf mehr. Der Schwerpunkt lag bei aktuellen Projekten und Plänen und vor allem beim Thema Ehrenamt. Im vergangenen Jahr waren es rund 30, im Jubiläumsjahr haben sich schon 50 Interessierte angemeldet, um sich mit Rat und Tat einzubringen. Zum Auftakt begrüßte auch Bürgermeister und Zweckverbandsvorsitzender Uwe Engelmann die illustre Interessentenschar.
Anschließend schleppte er den kiloschweren Verstärker mit auf den Rundgang, denn die Führung wäre ohne Mikro und Lautsprecher zu leise gewesen. „Die Führung mit Verstärker war eine Premiere,“ merkte die Museums-Chefin dazu an. Sie nutzte die Gelegenheit, neues Personal und interessante Pläne vorzustellen. So hat für den langjährigen Technikleiter, Udo Kleindienst, der sich in den Ruhestand verabschiedete, der Rehbacher Christian Kessel diese Position übernommen. Er gehört zum Team von inzwischen 20 hauptamtlichen Mitarbeitern, die zusammen wegen Teilzeit auf elf Vollzeitjobs kommen.
Neue Leute und neue Projekte im Freilichtmuseum
Vom Neben- ins Hauptamt wechselte Jens Neumann, der sich vor allem mit Inventarisierung beschäftigt. Leon Herrmann (den viele von seinem FSJ-Job kennen) übernimmt in Elternzeitvertretung unter anderem die Öffentlichkeitsarbeit. Im Haus Neuburg hat ein Förderprojekt begonnen, für das Britta Stein jetzt ein Konzept erstellt. Im Nahe-Hunsrückdorf, dem Handwerkerdorf, freut man sich über den endlich erfolgten Schiefer- Wetterschutz mit und der nun anstehender Elektroverteilung im Haus Gohres aus Wallhausen.
Nebenan wird am 6. April offiziell die Spengler-Werkstatt eröffnet. Der gelernte Spengler und langjährige Berufsschullehrer Dieter Arnold aus Worms ist seit vier Jahren im Ehrenamt hier tätig. Er wird sich bei den Handwerker-Tagen (immer am ersten Sonntag im Monat) mit anderen Meistern ihres Fachs über die Schulter schauen lassen. Die Besucher erfuhren: Spengler machen nicht nur Dachrinnen. Schüsseln und Kannen waren die wichtigeren Produkte, die Kennel kamen erst viel später. Im Hunsrückdorf wird es auch im Juni um Kochen und Leibesübungen gehen. Sarah Lohwasser, im Museum unter anderem auch für Instagram-Auftritte zuständig, erarbeitet das Konzept.
Was macht denn ein Spengler?
So bietet eine Museumsführung selbst für gut informierte Museumsprofis stets viele Aha-Effekte. Oder schon mal ein Kopfschütteln. Einen „Shitstorm“ habe es gegeben, als man die Treppe am ersten Museumshaus aus Sicherheitsgründen erneuern musste, berichtete Sabrina Hirsch. Der Grund: Tierfreunde unterstellten, man habe die Eidechsen verjagt oder getötet. Aber die Leiterin gibt Entwarnung: Sie sind da und sonnen sich wieder.
Bei einem kleinen Sektempfang in der Dreschscheune wurden die Themen Ehrenamt und neue Zeitschritte vertieft. Auf Initiative von Bauunternehmerin Elvira Schneider hatte die regionale Leadergruppe einen Förderantrag gestellt und 2000 Euro erhalten. Dabei geht es um Dinge des Alltags, die viele noch kennen und einzuordnen wissen. Erinnerungen werden damit verknüpft etwa an den Friseurbesuch in den 60er-Jahren, als man mit dem typischen „Kochdippeschnitt“ nach Hause kam.



Jüngere Vergangenheit im Fokus
Die Museumsleiterin freut sich über viele neue, von rüstigen Senioren noch erlebte Erfahrungen. Motto: Weißt Du noch, das hatten wir auch! Denn die klassischen Museumshäuser blenden allesamt viel weiter zurück von 1915 an „rückwärts“ bis ins Mittelalter. Und daran erinnert sich aktiv niemand. Also möchte man sich der jüngeren Vergangenheit annähern, etwa im Haus Neuburg. Dort wird ein Wohnraum für eine Bauernfamilie geschaffen. Damals ging es um Aussiedlerhöfe, den Umbruch in der Landwirtschaft nach dem Motto Wachsen oder weichen. Hirsch: „Wir werden hier auch die Konflikte thematisieren.“ Mehr verriet sie nicht: „Sie müssen dann noch mal wiederkommen,“ lud sie ein.
Eine Einladung zum „Ehrenamtskaffee“ in der Kegelbahn nahmen viele Museums-Mitarbeiter an. Bei Kaffee und Kuchen wurden interessante Gespräche geführt und Informationen ausgetauscht. Vielbeachtet war die Ehrenamts-Bilderwand, auf der bislang schon weit über 50 ehemalige und aktuelle ehrenamtliche Mitarbeiter zu sehen sind. Viele sind leider schon verstorben. Man möchte etwas warten und weitere Bilder sammeln. Dann wird die Ehrenamts-Bilderwand im Eingangsbereich mit den Portraits präsentiert.
Schule wie vor 100 Jahren
Das Ehrenamt ist weit gestreut. Viele machen Überblicksführungen, etliche engagieren sich bei den Themen Recherche oder in der Museumspädagogik. So haben Anne und Thomas Grammes aus Bad Münster am Stein-Ebernburg nach ihrer Hochzeit 2017 im Museum beschlossen, hier mitzumachen. Thomas war in der IT-Branche, musste viele Vorträge halten. Jetzt ist er mehrmals die Woche als Lehrer in der Museums-Schule tätig. Schule wie vor 100 Jahren ist das Thema. Da wird die Sütterlinschrift vermittelt, schon mal ein Störenfried in die Ecke gestellt. Der Stock liegt aber nur zu Demonstrationszwecken (unbenutzt) auf dem Lehrerpult. Anne Grammes ist als Märchenerzählerin aktiv. Etliche Ehrenamtler engagieren sich im Kassenbereich, andere machen im alten Handwerk mit. Da brauche man immer noch Leute, sagt die Museums-Chefin, denn die erlebbare Geschichte ist facettenreich und schier unerschöpflich.
Das wird schon beim Betrachten des Jubiläumsprogramms 2025 deutlich. Das minikleine Faltblatt mit gut 50 (!) Veranstaltungen vom Handwerkskurs am 29. März bis zum Abschluss mit Handwerksvorführungen am Sonntag, 2. November ist ein offenes Heimatkund-Lexikon, das weit mehr bietet als Google und Co. „Wir feiern stückchenweise, “scherzt die Museumsleiterin und lädt zum Mitmachen und zur Erweiterung des schon jetzt riesigen Spektrums ein.
50 Veranstaltungen im Jubiläumsjahr des Rheinland-Pfälzischen Freilichtmuseums. Mehr Infos unter: https://www.freilichtmuseum-rlp.de/veranstaltungskalender/
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