Auguschds Luis langer Weg nach "Kiense"
An der Nahe tragen manche Orte im Dialekt Namen, die sich von den hochdeutschen Namen der Dörfer und Städte stark unterscheiden, während andere wieder genauso wie im Hochdeutschen gesprochen werden. So verbinden wohl „Leit vun auswärts“ mit den Bezeichnungen „Sowwerum“, „Heemerisch“, „Descheld“ oder gar „Säschert“ sicherlich nicht die Orte Sobernheim, Heimweiler, Desloch und Sargenroth. Nicht nur heute, sondern auch schon zu früherer Zeit führte dies hin und wieder zu Verwechslungen. Von Joachim Franzmann.
Mein Opa, „Auguschds Lui“, lernte nach seiner Schulentlassung bei seinem Vater das Handwerk des Zimmermanns. Eines Tages sagte mein Urgroßvater zu ihm: „Bass uff Lui! Mer schaffe ab morje in „Kiense“. Du kimmschd am Mittwoch no.“ „Ei woh leit dann „Kiense“?“ fragte mein Opa. „Geh no Munzinge, dann fährsch-de met de Bahn no Mardinsteen. Jetzt gehsch-de dorsch Siemere ins Kellebachdaal un dann immer gradaus weire, bis de no „Kiense“ kimmschd!“ erklärte ihm sein Vater. „Du kannschd gar nit dran vorbei gehn.“
Kiense doch noch gefunden
Am Mittwoch tat „Auguschds Lui“ wie ihm aufgetragen wurde. Er ging nach Monzingen, fuhr nach Martinstein und wanderte dann durch Simmern unter Dhaun ins Kellenbachtal. Frohen Mutes schritt er voran, kam durch Heinzenberg, Kellenbach und Königsau. Immer weiter ging er ins Kellenbachtal hinein. Allmählich wunderte er sich, dass er den Ort „Kiense“ noch nicht gefunden hatte. Sicherlich würde es das nächste Dorf auf seinem Weg sein. Langsam taten ihm die Füße weh, und er hätte sich gefreut, wenn er endlich angekommen wäre.
Doch der nächste Ort war nicht „Kiense“ sondern Gehlweiler. Als er schon kurz vor Gemünden wanderte, kam ihm ein Bauer mit einem Pferdefuhrwerk entgegen, der heim nach Kellenbach fahren wollte. Nachdem mein Opa, wie es damals noch gute Sitte war, dem Bauern „Gunn Dach“ gewünscht hatte, sprach ihn dieser an. „Gunn Dach, mei Bub, ei wo willste dann hiene?“ „Eich will no „Kiense“, antwortete „Auguschds Lui“, awwer so lang eich aach gehn, eich fin-nes nit. Eich bin schun dorsch Henzebersch, Kellebach, Königsau un Gehlwiller, awwer „Kiense“ hon eich nit gesiehn!“ Da lachte der Bauer schallend und meinte: „Ei Dummer. Königsau is doch „Kinnse“! Stei uff, eich nemme deich mit serick. Dau bist schun grad genuch gang!“
Glücklich, wenn auch etwas verspätet, kam mein Opa dann bei seinem Vater und seinen Brüdern in Königsau an.
Seit dem Tag wußte er, wo der Ort „Kiense“ liegt.
Hier nun die Namen der Orte in den Verbandsgemeinden Kirner Land und Nahe-Glan „uff Hochdeitsch un Deitsch“.