Museums-Schmiede Volker Priewe (l.) und Axel Stork. Foto: Armin Seibert.
Schmiede das Eisen, solange es heiß ist
Museumsschmiede Priewe und Stork begrüßten Kollegen aus ganz Deutschland
BAD SOBERNHEIM. Am besten, man hat gleich mehrere Eisen im Feuer und schmiedet sie, solange sie noch heiß sind. Diesen altbekannten auf viele Lebensbereiche anwendbaren Rat setzten am 12. und 13. Juli über zwei Dutzend Museumsschmiede im Rheinland-pfälzischen Freilichtmuseum schweißtreibend mit Kraft und Präzision um. Darauf haben Museumsfreunde viele Jahre warten müssen. Zum 50. Museums-Geburtstag organisierten die bundesweit gut vernetzten Museums-Schmiede Volker Priewe und Axel Stork einen Kollegentreff, der einen phantastischen Einblick in die grundverschiedenen Arbeitsweisen der Eisenmänner bot.
Von Armin Seibert.

Da wurde das Eisen klassisch in der Museumsschmiede am Kohlefeuer rotglühend eingeheizt und dann am 130 Kilo schweren 120 Jahre alten Ambos zu zweit behämmert, bis es auf rund 500 Grad „erkaltete“. Dann ist es immer noch heiß genug, um sich gewaltig dran zu verbrennen. Priewe und Stork sozusagen als Hausherren bewiesen in der engen Werkstatt viel Geduld, standen auch einem TV-Team geduldig Rede und Antwort und zeigten, wie es geht: Zu zweit im schnellen Duett. Da ist mit schwerem Gerät Feinabstimmung angesagt.
Bei einem kleinen Schmiede-Rundgang im Hunsrückdorf gab es am Winterburger „Tanzsaal“ ein besonderes „Tänzchen“ der Hämmer am Ambos, wo Jean Collin bekannt von der Herrsteiner Schlossschmied seine feinen, extrem scharfe Rebmesser schmiedete. Aus der Zeit, als man in der Weinlese noch keine Scheren kannte. Wie Druidensicheln sehen die Eisen-Kunstwerke aus, die der fast 81-jährige Altmeister scheinbar mühelos aus einem Stück Baustahl herausarbeitet. Sein „Nachbar“ in der großen Schmiedepräsentation mag’s ebenfalls filigran, hat eine große Auswahl an Miniaturen mitgebracht. Sein Schmiedefeuer gleicht einem „Hochofen“, in dem er seine Rohlinge immer wieder aufglühen lässt, um dann mit präzisen Hammerschlägen formt und scheinbar „knetet“.
Er arbeitet an seinem „Eisenzeichen“ für den Schmiedebaum. So wie einst Steinmetze ihre Runen in Quadern hinterließen oder Flößer Initialen hinterließen, machen Schmiede ihr persönliches Zeichen. Den „Baum“ haben Volker und Alex im riesigen Museums-Fundus entdeckt, eine alte nicht mehr benötigte Mühlrad-Achse als Autogramm-Holz auserkoren. Dort hinterlassen alle ihre Marke, zeigen, dass sie dabei waren.
Auch Alex Stork, der mit Volker Priewe in der Museumsschmiede Rede und Antwort steht, geduldig Fragen beantwortet, auch mal ein kleines Eisen-Herzchen anfertigt, schmiedet im Schweiße seines Angesichts seine Marke. Einen Widderkopf. Diesen macht er auch gern statt mit Spitze zum Einschlagen mit einem Haken am Ende – als Bierflaschenöffner.



Bei teils sehr heißem Wetter wäre so ein Utensil gut nutzbar. Aber Alkohol und Schmiedearbeit mit schwerem Hammer bei diffusem Licht ein „no go“. Nach einem mühevollen ersten Schmiedetag nach schwerer Aufbauarbeit tags zuvor kam am Samstagmittag der deftige, von den Museumsfreunden aufgetischte Eintopf im Winterburger Tanzsaal sehr gut an. Abends traf sich die aus ganz Deutschland angereiste Schmiedefamilie zum Grillen und Fachsimpeln. Da lernt man voneinander, bespricht Spezialitäten fern von Betriebsgeheimnissen und Konkurrenzdenken. „Ich kenne sie alle“, sagt Schmiedemeister Volker Priewe (Nussbach), der die Museumsschmiede im Nachtigallental vor zehn Jahren beim Vatertagsausflug „entdeckte“ und seit Jahren mit Brückenbauingenieur Axel Stork (der sich als Priewes „Lehrling“ bezeichnet) die Schmiede zum Leben erweckt hat, Kurse abhält, die Einrichtung optimiert. Bei einem Treff vor zwei Jahren in Dinkelsbühl reifte die Idee, zum Museums-Goldjubiläum im Nachtigallental ein Treffen zu organisieren. Gesagt, getan. „Wir haben darauf geachtet, Leute mit Museums- und Publikumserfahrung einzuladen,“ sagt Priewe. Man müsse sehr drauf achten, wie man mit vorwitzigen Kindern umgeht, sie freundlich, aber bestimmt vom heißen Eisen fernhält, produktiv ist trotz vieler Fragen auch von Leuten, die Anekdoten vom Dorfschmied aus ihrer Jugend zum Besten geben.
Priewe und Stork schmieden in der Museumsschmiede, räumen Kollegen gern den Platz am Ambos frei, denn unter freiem Himmel im gleißenden Licht ohne Pavillon ist es für einige schwer, am mitgebrachten Feuer zu sehen oder zu fühlen, wie heiß das Eisen ist. Am besten klappt das im schummrigen Museumshaus.
Die Mischung hat gestimmt. Da waren Paul Cordes aus Oldenburg, kürzlich „auf der Walz“ von Volker Priewe fürs Schmiedetreffen begeistert und der in Wettbewerben schon erfolgreiche Robin Muth (Darmstadt), die in jugendlichem Elan im Duett draufloshämmerten. Oder Altmeister Jean Collin, der sich als Experimental-Archäologe mit der Eisenzeit und Keltenkunst beschäftigt, der eher vorsichtig agiert. Oder der Mann mit dem Nutellamesser. Richtig gelesen. Der langjährige Leiter des Museums Bremecker Hammer lässt einen Helfer sein erstes Messer schmieden. Er zeigt ihm, wie sich dieses (Vorsicht Ironie!) vom Nutellabrot- zum Leberwurstbrotmesser umschmieden lässt. Dietmar Conradt wirkt wie ein Bodybuilder, macht aber wegen einer Unfallverletzung keine dicken Arme, greift nur ab und an zum Hammer und weiß: „Morgen werde ich es büßen.“
Es sind die „sagenhaften“ Zutaten und Geschichtchen, die dem Spiel mit Feuer und Eisen die Würze geben. Der Pfälzer Schmied Christian Lauer biegt Eisenstangen, als wäre es Knete, sein Standnachbar facht das Feuer mit fußgetriebenem Gebläse an, das an Omas Nähmaschine erinnert und streut Sand ins Feuer – ein glasartiges Flussmittel. Aus knapp 15 Zentimeter langen dünnen Eisenstangen schmiedet er eine Kette für den Schmiedebaum. Daran könnte der sattsam bekannte Schinderhannes festgemacht sein. Schinderhannes? Der hatte ja ein besonderes Messer, wie es heißt. Der Herrsteiner Museumsschmied Jean Collin hat sich erkundigt, wie das wohl ausgesehen haben könnte. Ein solches Messer aus der Zeit des Wegelagerers hat er in der Sammlung, darf es aber nicht „Schinderhannesmesser“ nennen – das ist ein juristisch geschütztes Warenzeichen (das ist kein Witz, sondern eine Tatsache). Der Preis für so ein rasierklingenscharfes Gerät scheint nur auf den ersten Blick hoch. Denn der umgerechnete Stundenlohn wäre niedriger als fünf Euro, rechnet Collin hoch. Richtig gehört. Die Eisenmänner können von Mindestlohn meist nur träumen. So ist Schmieden bei der Mehrzahl der „Profis“ nur Hobby. Wie bei Kunstschmied Bernd Kluth, der schon bei Weltmeisterschaften im Team Deutschland Medaillen gewann und bei deutschen Meisterschaften abräumte.
So könnte jeder Teilnehmer seine spezielle Geschichte erzählen. Einer fands schade, dass nicht mehr geworben wurde. Plakate habe er keine gesehen in Sobernheim. So scheint offen, ob der Premiere die Fortsetzung folgt. Der Aufwand der Teilnehmer war immens. Mit mehr Publikumszuspruch wären wohl auch die Vermarktungsschancen für ausgestellte Exponate gestiegen. Die Eisenmänner sind’s gewohnt, dass ihre uralte Handwerks-Profession selten einen goldenen Boden hat. Aber wie war das? Schmiede das Eisen … Das erste Schmiedefestivals macht jedenfalls Lust auf mehr. Abwarten, wie die Manöverkritik und die Wunschliste zur Feinabstimmung für Museumsschmiede und Gäste ausfällt. Aus Besuchersicht ist es klar: Das traf den Nagel auf den Kopf. Schmiedefestival? Immer wieder gerne!
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