Die Pflege von Fledermaus-Babys ist aufwendig. Foto: Simone Mager
Besuch im Fledermaus-Kinderzimmer in Bad Sobernheim
BAD SOBERNHEIM. Nabu-Fledermausexpertin Kerstin Krämer kümmert sich gerade um sechs Fledermausbabys und päppelt sie auf. Nahe-dran.de hat die Kleinen in ihrer Babystube besucht.
Von Simone Mager.
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Zufrieden schmatzt das kleine Zwergfledermaus-Baby vor sich hin und schlabbert seine Milch. Vorsichtig hat Fledermausbotschafterin Kerstin Krämer das kleine Fundtier in ein Tuch gewickelt und füttert es behutsam über eine Pasteur-Pipette mit extra dünner Spitze. Sechs Babys, davon fünf ohne Muttertier, versorgt die Fledermausfachfrau derzeit. Bei dem Weibchen mit Nachwuchs handelt es sich um einen Abendsegler mit einer Flughautverletzung. Schon seit April ist die Fledermausdame in der Obhut von Kerstin Krämer. „Vor eineinhalb Wochen hat sie dann ein Baby bekommen“, berichtet Krämer. Die Babys sind allesamt Fundtiere aus unterschiedlichen Orten im Landkreis. Die Babystube hat derzeit Hochkonjunktur, denn ab Juni kommt der Fledermaus-Nachwuchs zur Welt. Die Zeugung findet bereits im Herbst statt. Die Fledermaus speichert die Spermien. Die Befruchtung erfolgt dann nach der Winterruhe im Frühjahr.
Das kleinste der Tiere ist vor kurzem in Duchroth gefunden worden. Kerstin Krämer trägt es in einem rosa Säckchen, das sie mit einer Sicherheitsnadel an ihrer Kleidung befestigt hat, mit sich herum, da das Tier noch Körperwärme braucht. Es ist an einer Hauswand gefunden worden. Mittlerweile hat es zugenommen und wiegt etwas mehr als eine 1-Cent Münze. „Manchmal flüchten die Fledermäuse bei extremer Hitze aus ihren Quartieren. Dann fallen die kleinen gerne mal raus oder sie gehen auf dem Flug verloren. In einem solchen Fall eine Rückführung zu versuchen, ist nicht einfach.“
Erst Milch, später Mehlwürmer
Beim Füttern achtet Kerstin Krämer darauf, dass der Bauch der kleinen Fledermäuse nicht zu prall gefüllt ist, denn dann bekommen sie – wie andere Babys auch – einen Bläh-Bauch. Die Pflege der kleinen Säuger ist aufwändig. Mindestens zweimal am Tag müssen sie gefüttert werden, wenn sie noch kleiner sind sogar alle zwei Stunden. Bei den älteren Tieren sind die Abstände zwischen den Fütterungen größer. Drei der Fledermaus-Babys stellt Kerstin Krämer gerade auf feste Nahrung um. Das ist ungefähr nach vier bis fünf Wochen möglich. Dann stehen auf dem Speiseplan der Tierchen Mehlwurmbrei oder Bienendrohnen, später dann lebende Mehlwürmer. Im Internet hat Kerstin Krämer ein Flugzelt bestellt, um mit den Tieren das Flugtraining zu starten. So ist kontrolliertes Fliegen möglich. Die Männchen lässt sie – wenn sie fliegen können – einfach frei. Weibchen sollten dort abgesetzt werden, wo sie gefunden wurden, damit sie ins Quartier zurückkehren können.
Mittlerweile ist einer der kleinen Säuger satt. Behutsam wischt Kerstin Krämer die Milchreste mit einem Wattestäbchen von seinen Wangen, um zu verhindern, dass das Fell verklebt und ausfällt. Die etwas größeren Fledermaus-Babys lieben die Drohnen aus der eigenen Imkerei im Hause Krämer. „Baby-Fledermäuse durchzukriegen, ist sehr schwierig“, schildert die Nabu-Fachfrau. Je länger sie nach dem Verlust ihrer Mutter ohne Versorgung bleiben, umso schwieriger ist es. Es sei ein Glück, dass die Menschen mittlerweile mit mehr Sensibilität mit den Tieren umgehen und einen Blick darauf haben. Der Kontakt zwischen der Fledermausbotschafterin und der Finderin aus Duchroth ist über eine Wildtier-Notfallgruppe auf Facebook entstanden, deren Administratorin in Idstein sitzt. Krämer hat auch schon Anrufe aus Hamburg von Findern bekommen, die eine Pflegestelle für Fledermäuse suchten. In einem solchen Fall hilft Kerstin Krämer bei der Vermittlung zu einem regional ansässigen Experten.
Zeitaufwendige Pflege der fliegenden Säugetiere
Mit den Babys hat Kerstin Krämer derzeit acht Pflegetiere. Wie viel Zeit sie für deren Pflege aufbringt, kann sie nicht sagen. „Ich hab noch nie die Zeit gestoppt, aber es sind mehrere Stunden am Tag. Dazu kontrolliert sie regelmäßig die bekannten Wochenstuben oder neue Quartiere, die der unteren Naturschutzbehörde gemeldet werden müssen. Um solche Behausungen betreten zu dürfen, braucht es eine Ausnahme-Genehmigung der Struktur- und Genehmigungsdirektion. In Merxheim gibt es eine Population von Mausohren mit 700 Tieren. Im vergangenen Herbst hat Kerstin Krämer dieses Quartier kontrolliert und sauber gemacht. Den Tierkot – über 1 t – haben Winzer als Dünger bekommen.
Was können Finder tun, wenn Sie ein Fledermaus Baby entdecken? „Wichtig ist es, das Tier zunächst zu sichern und nicht mit bloßen Händen anzufassen. Gut ist es, die Fledermaus in einem geschlossenen Karton aufzubewahren und Küchenrolle oder Zeitungspapier hineinzulegen, damit es sich verstecken kann. Dann gilt es, eine Pflegestelle zu kontaktieren. Denn es braucht Erfahrung, um sich fachgerecht um die Tiere kümmern zu können. Wichtig ist, dass sie nicht zu lange ohne Versorgung bleiben. Die Prognose für die Babys hier ist gut. Ich bin vorsichtig optimistisch, dass sie durchkommen“, freut sich Kerstin Krämer.
Windenergie kann Fledermäuse in Bedrängnis bringen
Wenn die Fledermausbabys in der Natur groß werden, werden sie so lange von der Mutter gesäugt, bis sie selbst rausgehen und jagen können. Bei den ganz kleinen Fledermaus-Babys muss Kerstin Krämer auch die Flügel fetten, zum Beispiel mit Baby- oder Jojoba-Öl ohne Parfüm. Nach acht Wochen ist ihre Entwicklung abgeschlossen. Auch wenn Krämer alles dransetzt, die Tiere durchzubringen, blickt sie mit Sorge auf die Fledermauspopulation insgesamt. Die Tiere seien arg in Bedrängnis. Ein Stressfaktor sei zum Beispiel die Windenergie. Laut Nabu sind vor allem im freien Luftraum jagende und ziehende Arten kollisionsgefährdet. Fünf der 24 in Deutschland vorkommenden Fledermausarten machen allein 90 Prozent der Todesopfer aus. Viele Fledermäuse werden häufig „geschreddert“ oder sterben an einem so genannten Barotrauma sterben, das Risse in der Lunge erzeugt.
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