Corona Kater? Mehr Tiere aus dem Tierheim Kirn vermittelt
KIRN. Das Tierheim in Kirn konnte mit dem Aufkommen der Corona-Pandemie klare Veränderungen bei den Tiervermittlungen verzeichnen. Ulrike Sturmheit, die erste Vorsitzende des Tierschutzvereins Kirn und Umgebung, sprach darüber hinaus über die Kriterien der Tieradoption, warum sie bei Nacht und Nebel mit gefiedertem Freund auf der Rückbank unterwegs war und zu aktuellen Zahlen ihrer Einrichtung. Von Enrico Angelucci.
„Die Zahl der Tiervermittlungen ist eindeutig angestiegen während der Corona-Pandemie“, das konnte Ulrike Sturmheit sofort bestätigen. „Sowohl bei Katzen als auch bei Hunden.” Den erhöhten Adoptionszahlen im Zuge der weltweiten Krise stand die Vorsitzende des Tierschutzvereins Kirn und Umgebung zunächst kritisch gegenüber. Sie habe nach dem Lockdown in der ersten Jahreshälfte Bedenken gehabt, dass die Tiere wieder zurückgegeben werden. „Bisher ist das nicht passiert”, erklärte Sturmheit.
Die Menschen konnten ihre sozialen Kontakte wegen der Pandemie nicht mehr pflegen. Manche hatten auch im beruflichen Bereich mit Einbußen zu kämpfen. So könne es vermehrt zu Tieradoptionen kommen. Mit der Hochphase der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 war das Gassigehen weiterhin durchführbar. Eine Doppelschleuse schafft Mindestabstände und der Mund-Nasen-Schutz gehört gleichermaßen zum Sicherheitsrepertoire der Einrichtung. Lediglich eine Familie darf das Gelände immer nur betreten. Ob Tiere selbst an Corona erkranken können, da gehen die Meinungen auseinander, befand Ulrike Sturmheit. Festlegen wolle sie sich hier nicht.
Gesicherte finanzielle Verhältnisse gehören zu den Auswahlkriterien
Sturmheit und ihr Team prüfen akribisch, wer letztlich ein Tier mit nach Hause nehmen darf. Denn das Tierwohl steht an oberster Stelle. Viele Menschen kennt sie persönlich in Kirn und Umgebung. Daher geht sie auch nach dem Ende der Pandemie nicht davon aus, dass Tiere wieder in ihrer Einrichtung zurückgegeben werden. Gesicherte finanzielle Verhältnisse gehören zu den Auswahlkriterien, wer ein Tier adoptieren darf. „Wir legen zudem Wert darauf, dass wir nicht nach ganz Deutschland vermitteln”, ergänzte die erste Vorsitzende. Das Tierheim versucht stattdessen, den Vermittlungsradius im Umkreis zu halten. So ist mehr Kontrolle darüber gegeben, ob das Tier bei dem potenziellen neuen Besitzer wirklich in guten Händen ist.
Alleinstehenden Senioren, die körperlich und geistig auf der Höhe sind, werde immer gerne ein Tier vermittelt. „Der beginnenden Vereinsamung wirkt das oft jahrelang entgegen”, weiß Ulrike Sturmheit aus langer Erfahrung. Doch was passiert, wenn sich der betagte Mensch plötzlich nicht mehr um das Tier kümmern kann? Hierfür klärt das Tierheim, ob dessen Kinder dann die Verantwortung übernehmen können.
Ältere Tiere finden immer wieder neue Besitzer
Ende September 2020 beherbergte das Kirner Tierheim insgesamt acht Hunde und rund 20 Katzen. Dass die Anzahl der Stubentiger derart stark überwiegt, hat einen klaren Grund: Katzen werden bereitwilliger von ihren Besitzern abgegeben. Sie sind zudem weniger häufig sterilisiert beziehungsweise kastriert als Hunde, weshalb sie öfter für Nachkommen sorgen. „Katzen können sich besser verstecken, sie sind weniger sichtbar.” Deswegen könnten sie sich teils ungebremst vermehren. Läuft stattdessen ein Hund durch die Straßen, fällt er sofort auf.
Alte Tiere gibt es wenige in der Einrichtung. „Für diese finden sich immer wieder ältere Damen und Herren, die sagen: ‚Ja, das passt zu mir‘”, meinte Sturmheit. Ein paar wenige Katzen sind nicht vermittelbar. Sie leben als Freigänger im Revier um das Tierheim. Vom Team der Einrichtung werden sie mit Nahrung versorgt. Im Winter stehen ihnen kleine Hütten und Wärmebetten zur Verfügung.
Das exotischste Tier, mit dem Sturmheit und ihre Kollegin Brigitte Roos zu tun hatten, war ein großer Uhu. In Bad Sobernheim hatte sich der Vogel in einer Häuserspalte verkeilt. Unter Mithilfe der Bad Sobernheimer Ortsgruppe des Naturschutzbundes wurde er befreit. „Ich habe den Uhu nach Kirchwald bei Mayen gefahren”, schilderte Ulrike Sturmheit die Rettungsaktion. Auf dem Weg zur dortigen Vogelaufzuchtstation fuhr sie bei Nacht und Nebel in tiefer Dunkelheit bei strömendem Regen bis in die Vordereifel.
Seit 2006 waren insgesamt vier Tiere angebunden vor dem Gelände der Einrichtung gefunden worden. Altersbedingt oder aufgrund eines Todesfalls werden nur selten Tiere abgegeben, meinte Sturmheit. Zurückgegeben wurden etwa zehn Tiere und dann meist wegen schwerer familiärer Schicksale. Tatsächlich werden also mehr Tiere vermittelt, was Sturmheit und ihr Team freut. Tiere werden von der Kirner Einrichtung prinzipiell kastriert bzw. sterilisiert abgegeben. Eine Registierungspflicht ist aus Sicht des Tierheims unbedingt nötig. Gerade Katzen sollten verortet werden können. Das Tier zu chippen, hilft, es zuordnen zu können, wenn es irgendwo aufgelesen wird.