Leseempfehlung: „Inkassiopeia – der Mammon von Sankt Nimmerlein“
MEISENHEIM. Inspiriert von einer Serie von Betrugsfällen, die vor knapp 50 Jahren in der damaligen Kreissparkasse des beschaulichen Meisenheims ihren Anfang nahmen und sich über Jahrzehnte unbemerkt hingezogen hatten, schrieb der aus Breitenheim stammende Autor Oskar Cöster sein literarisch-philosophisches Buch „Inkassiopeia“.
Als der Fall 1975 aufflog, war der Autor gerade zum Studieren in Hamburg. Zwei Mitarbeiter der Sparkasse wurden verurteilt, die Oskar Cöster von 1964-67 als Lehrling in dem Geldinstitut selbst als Vorgesetzte erlebt hatte. Der Autor erzählt, nach Jahren sei ihm ein Zeitungsbericht über die Ereignisse an seinem ehemaligen Arbeitsplatz aus der damaligen Allgemeinen Zeitung wieder in die Hände gefallen. Von diesen Ereignissen hat sich der promovierte Philosoph und Träger des Literaturpreises „Story 80“ für die beste deutsche Kurzgeschichte in seinem Werk „Inkassiopeia“ inspirieren lassen und die Handlung ins 20. Jahrhundert verlegt.
Der Roman spielt im Örtchen „Schlossgeldungen“, der Kulisse einer dichten, wortgewaltigen Erzählung ist. Die gesamte Kriminalgeschichte wird in einen Tag packt, die Ereignisse literarisch erhöht und in die „Philosophie des Geldes“ einspannt. Die vier Protagonisten hecken wie besessen vom Geld und seinen vermeintlichen Vorteilen einen teuflischen Plan aus, um eine alte Dame um ihr Vermögen zu bringen. Dabei ist aber jeder der vier schon vor dem Betrug Opfer der eigenen Niedertracht und gefangen in seinem eigenen persönlichen Abgrund, worin die vier vereint sind. Naheliegend, dass sie ein Komplott spannen, um dem persönlichen Drama zu entrinnen, an dem sie letztlich zugrunde gehen.
Meisenheim als Vorlage für den Ort des Geschehens
Wieviel Meisenheim lässt sich im Schauplatz Schlossgeldungen erkennen? Parallelen gibt es auf jeden Fall zwischen der mittelalterlich geprägten Kleinstadt Schlossgeldungen und Meisenheim. Als „Schlossdom“ taucht die Schlosskirche auf, während Untertor und Obertor sich als Ost-Tor und West-Tor im Roman wiederfinden. Frei erfunden hingegen ist das Sparkassengebäude Sankt Nimmerlein auf Ruinen einer römischen Basilika, welches sich in „Inkassiopeia“ in einen Tempel des Mammons verwandelt hat, an dem sich die vom Geld Geblendeten ihr eigenes Grab schaufeln. Das Titelbild des Romans weist einen direkten Bezug zu Meisenheim auf: Es wurde von der Meisenheimer Künstlerin Marion Drechsler gestaltet. Bei genauerem Hinsehen erinnert auch die im Buch beschriebene Tausendjahrfeier von Schlossgeldungen an das „Heimbacher Brunnenfest“ in Meisenheim. Besonders aufmerksame Leser werden den Autor selbst in einer Nebenfigur entdecken.
Cösters Erzählung, die zugleich Kapitalismuskritik ist, zeichnet sich durch eine bildreiche Sprache aus. Er lässt zwei seiner Protagonisten über Karl Marx philosophieren und verbindet das Ganze mit einer selbstkritischen Reflektion über das eigene Handeln. Inspiriert von einem realen Kriminalfall und doch ganz anders handelt es sich um einen Roman mit Anspruch und Lokalkolorit. Als Leser von „Inkassiopeia“ hofft man die ganze Zeit noch auf eine positive Identifikationsfigur, auf eine Art Gutmenschen, der das Ruder irgendwie herumreißt und die verwirrten, besessenen Seelen rettet – leider vergebens.
„Inkassiopeia“ – Der Mammon von Sankt Nimmerlein. Roman. DOCS Communications Verlag Dr. Oskar Cöster. Hamburg 2019. Erhältlich u.a. in der Touristinfo in Meisenheim
Ihr Einstieg ins Online-Marketing: Werben auf nahe-dran.de