So klingt der Bärenbacher Sound der Freiheit, wie ein Zweitackter mit Klingel. Jetzt reinhören!
BÄRENBACH. Land-Kinder kennen das: Dieses faszinierende Gefühl von Freiheit, wenn einem der Wind bei der Fahrt mit dem ersten fahrbaren Untersatz um die Nase weht. Für die Landjugend war das über viele Jahrzehnte hinweg typischerweise ein Mofa. Auch wenn es nur etwa 30 Stunden Kilometer fuhr – „frisiert“ natürlich ein paar Stundenkilometer mehr –so war das doch ein bedeutender Schritt in Richtung Erwachsenenwerden. Geld für Ersatzteile wurde mühsam zusammengespart, am Wochenende leidenschaftlich in der Garage geschraubt.
Von Simone Mager.
Rostige Schrottmaschine generalüberholt
Es sind diese Erinnerungen, die der Grizzlyriver Mofa Club aus Bärenbach bei Kirn am Leben erhalten will. „Revival-Effekt“ nennt das Dr. Steffen Schmidt, der im Dorf die Mofa-Begeisterung neu geweckt hat. Gegründet wurde der Mofa-Club im Frühjahr 2019 von ein paar Bärenbacher Lokalpatrioten, die kurzerhand den Ortsnamen Bärenbach mit einer gewissen Kreativität ins Englische übersetzten und den Club Namen „Grizzlyriver Mofa Club“ festlegten. Der Bär wurde zum Wappentier gekürt. Schmidt ist Rechtsanwalt in Trier und großgeworden in Bärenbach. Er erzählt, wie es dazu kam: „Die Idee ein Mofa zu kaufen, hatte ich in Trier im Jahr 2017 und habe sie auch prompt in die Tat umgesetzt. Gekauft habe ich eine rostige Schrottmaschine“, erzählt Schmidt. Auf der Suche nach günstigen Ersatzteilen und fachmännischer Schrauber-Hilfe wurde Schmidt auf den Trierer Mofa Club „Mofa Jugend Moseltal“ aufmerksam. Und schon stand die Idee, in seinem Heimatdorf Bärenbach einen ähnlichen Club ins Leben zu rufen.
Das Mofa wurde generalüberholt in die Heimat verfrachtet. Und nach den ersten Ausfahrten und Rundfahrten durchs Dorf schlossen sich gleich die Kumpels von früher an. Eines der heutigen Mitglieder bekam sogar von seiner Frau zum 30. Geburtstag ein Mofa geschenkt. Ein richtiger Mofa Club kommt nicht ohne Kutte aus – natürlich mit den notwendigen Pflicht-Patches, auf die echte Mofajünger nicht verzichten dürfen. Auch damit stellten die Grizzlyriver Patrioten den Bezug zum Wappen von Bärenbach her. Auf der Vorderseite sind deshalb ein Winnie Puuh Bär und eine Erdbeere angebracht, denn eigentlich erinnert der Ortsname Bärenbach an eine Beere. Auf der Rückseite zieren ein großer Grizzlykopf und der Name des Clubs die Kutte. Schützenschnüre und Schulterklappe dürfen natürlich auch nicht fehlen – je nach Rang und besonderen Aufgaben. „Wie es sich für Kutten gehört, werden diese auch nach einem ganz bestimmten Ritual eingeweiht“, berichtet Schmidt geheimniskrämerisch.
Standing Ovations auf dem Marktplatz in Kirn
Im Gründungsjahr hatten die Jungs vom Grizzlyriver Mofa Club aus Bärenbach noch ordentlich an ihren Maschinen zu schrauben, sodass es zu eher weniger Ausfahrten kam. Im Frühjahr 2020 schlossen sich sechs neue Member an, im Herbst zwei weitere. Ab nächstem Frühjahr werden auch zwei Frauen Mitglieder im Club, sodass es dann 13 Member sein werden. „Die meisten von uns fahren eine Hercules Prima 5S“. Das dürfte so ziemlich das weitverbreitete Mofa sein, schätzt Schmidt. Einer der Member fährt eine seltenere Zündapp, ein anderer eine Simson Schwalbe aus DDR Bestand der sechziger Jahre „Es gibt sicherlich Clubs, bei denen rustikalere Vehikel unterwegs sind. Das hat bei uns tatsächlich derzeit noch sekundären Rang. Man muss, selbst wenn man mit neun Members ausfährt, einfach nur froh sein, wenn man nach Sobernheim und zurückkommt und niemand liegen bleibt“, rückt Schmidt die Verhältnisse zurecht. Zwar gäbe es mittlerweile viele Ersatzteilshops. Allerdings seien Mofas offenbar nie von höchster Qualität gebaut worden, sodass man gefühlt permanent am Schrauben sei, schildert Schmidt sein Leben mit dem Mofa. „Während es uns früher darum ging, möglichst schnell zu fahren und Mofas zu frisieren, sind wir heute darum bemüht, die Mofas straßenverkehrstauglich zu halten, da wir – auch mit Blick auf die Polizei – unbeschwert fahren wollen“, setzt der Rechtsanwalt Prioritäten. Schneller als 25 Stundenkilometer fährt so ein Mofa auch nicht und die Rundfahrten im Sommer durch die Dörfer hätten deshalb eher den Charakter einer motorisierten Fahrradtour.
Sich fühlen wie 15
Sich fühlen wie damals mit 15 – darum geht es ein Stück weit beim Zusammentreffen des Mofa Clubs. „Es hat ein bisschen Midlifecrisis Charakter und es braucht Humor und Selbstironie, wenn ein erwachsener Mensch mit Mofa im Geschwader herumfährt und sich belächeln lässt. Es gibt sehr viel positive Resonanz aus allen Altersgruppen und Gesellschaftsschichten. Auf dem Kirner Marktplatz gab es sogar schon stehende Ovationen für unseren Club. Sobald man irgendwo anhält, kommt man automatisch ins Gespräch. Nicht selten werde ich gefragt, ob ich mit dem Mofa auch zu Gericht fahre. Wir kennen uns alle schon lange und sind gute Freunde. Über den Club finden wir einen Grund, um uns zu treffen und uns auszutauschen und das ist auch das erklärte Ziel: die Gemeinschaft.“ In Zukunft will der Club wie bereits jüngst zugunsten der Soonwaldstiftung, die Mofa Leidenschaft mit dem guten Zweck verbinden. Bei Feierlichkeiten sollen überschüssige Einnahmen gespendet werden. Die Soonwaldstiftung haben die Mofa-Fans mit 500 Euro unterstützt. Außerdem wollen sie passend zum Wappentier die Patenschaft für einen Bär im Zoo übernehmen. Auf ihrer (digitalen) Weihnachtsfeier wollen sie einen richtigen Verein gründen. Denn: „Das soll kein Selbstzweck werden“, betont Schmidt.