"Das Nachtlied der Phantom"
PFERDSFELD / BAD SOBERNHEIM. Die Geschichte zweier verschwundener Dörfer akustisch erleben: Mit einem Hörspiel über die Umsiedlung von Pferdsfeld und Eckweiler, produziert von zwei Schülern des Felke-Gymnasiums.
Auch noch nach über 40 Jahren schmerzen die Erinnerungen an die Umsiedlung der Dörfer Pferdsfeld und Eckweiler im Soonwaldvorland die beteiligten Zeitzeuge. Wegen unerträglicher Lärmbelästigung durch den nur wenige hundert Meter entfernten NATO-Flughafen mussten die Bewohner Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre ihre Heimatdörfer verlassen.
Benedikt Eßling und Noah Ludwig, zwei Schüler des Emanuel-Felke-Gymnasiums in Bad Sobernheim, haben Zeitzeugen-Interviews geführt. „Das Nachtlied singt die Phantom“ heißt ihr Hörspiel, mit dem sie die Ereignisse von damals neu aufgearbeitet haben. Mit ihrem Podcast haben sie nicht nur einen Landespreis im Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten gewonnen, sondern den Sonderpreis für rheinland-pfälzische Landesgeschichte der „Bruderschaft von Rhens“ erhalten.
Eine Geschichte voller Tragik und Verletzungen
Im Hörspiel wird berichtet, dass die Luftwaffe Mitte der 70er Jahre auf dem Flughafen Pferdsfeld die „Phantom“ stationiert hatte. Auf Dauer war die Lautstärke der startenden Flugzeuge für die Bewohner der angrenzenden Dörfer nicht auszuhalten. Tragischerweise war der kalte Krieg nur acht Jahre nach der umstrittenen Umsiedlung zu Ende und der Flughafen wurde geschlossen. Die beiden Dörfer bekamen so die ganz konkreten Folgen der Weltpolitik zu spüren und wie sehr diese das Lebensumfeld der Menschen beeinflussen kann. Im Gespräch mit den Schülern erinnern sich Robert Nicolay als verbliebener Einwohner, Werner Bohn als Gründer der Bürgerinitiative für eine Umsiedlung, Hans-Peter Koch als ehemaliger Kommodore und Uwe Engelmann, der damals als Jugendlicher in Eckweiler wohnte, an die Ereignisse, die zu der Zeit die gesamte Region in Aufruhr brachten.
Bis heute wirken die Verletzungen nach, die damals entstanden sind. Während viele Bewohner der älteren Generation bleiben wollten, sahen die jüngeren Familien keine Zukunft mehr in den Dörfern neben dem Flughafen der Luftwaffe. Im Hörspiel kommen all die Konflikte vor, die zwischen den Dorfbewohnern entstanden sind, die Anstrengungen, die sie auf sich genommen haben, um ihre Umsiedlung in den Sobernheimer Stadtteil Leinenborn durchzusetzen und letztendlich der Abriss der beiden Dörfer, die mitsamt der Pferdsfelder Kirche dem Erdboden gleich gemacht wurden. Die Zeitzeugen legen ihre unterschiedlichen Sichtweisen auf den Flughafen dar, zeigen seine Funktion für die Wirtschaftskraft der Region auf, betonen aber auch seine extremen Auswirkungen auf die Lebensqualität der Bewohner. Robert Nicolay erzählt später, wie schwer es ihm gefallen sei, zum Interview mit den beiden Schülern zu fahren. In seinem Umfeld gebe es Menschen, die sich das Hörspiel über die Geschichte der Dörfer nicht anhören können, weil die Wunden zu tief sitzen. Werner Bohn, der Initiator der Umsiedlung, erinnert sich sogar an Morddrohungen, die er als solcher erhielt. Hans-Peter Koch freut sich: „Die versöhnlichen Töne, die in den Zeitzeugeninterviews zu hören sind, haben mich sehr bewegt“ und gratuliert den beiden Preisträgern: „Denken sie immer an das, was sie hier geleistet haben. In der Rückschau ist die Arbeit so klein und der Erfolg so groß.“
Hörspiel über Pferdsfeld: Akribische Kleinarbeit und viel Engagement
In akribischer Kleinarbeit und mit viel Engagement haben die beiden Schüler die Interviews „in Puzzlearbeit“ geschnitten, gegliedert und schließlich die Dokumentation erstellt. Noah Ludwig erinnert sich: „Schon der erste Anruf bei den Zeitzeugen war spannend.“ Eine besonders wichtige Erfahrung sei gewesen, mit den Zeitzeugen auf eine emotionale Ebene zu kommen, ganz abgesehen von den technischen Aspekten. Unterstützung erhielten die beiden Schüler in dem Projekt von ihrer Lehrerin Diana Pfeifer-Blaum, der Leiterin des Heimatmuseums Anke Wiechert und dem Dokumentarfilmer Klaus Martin. Benedikt Eßling sagt über die Faszination an Geschichtsthemen in Zeiten von Youtube und Instagram: „Es ist toll, beides zu nutzen. Alles zusammenzuführen macht Spaß.“