„Finanzhilfen sind kein Geschäftsmodell“
BAD SOBERNHEIM. Lockdown bis Ende Januar – was bedeutet das für den Einzelhandel an der mittleren Nahe und wie kommen die Hilfsprogramm an?
Von Simone Mager.
BAD SOBERNHEIM. Die Auswirkungen der Kontaktbeschränkungen durch die Corona Pandemie sind in vielen Innenstädten sichtbar. In der Felkestadt hat bereits Nico Veale seine hoffnungsvoll gestartete VealOThek geschlossen. Ende November hat der junge Gastronom seine Kunden über die sozialen Medien über die Schließung informiert. „Vielleicht war es nicht der richtige Zeitpunkt für uns“, bewertete er. Ihr Reisebüro hat Christine Bromann von der Großstraße komplett ins Home-Office verlegt. Weniger betroffen zeigt sich Sabine Brambier-Sajjat von der Buchhandlung am Russischen Hof. Sie nimmt weiterhin Bestellungen entgegen. Ihre Kunden können diese meist bereits am nächsten Tag vormittags in ihrem Laden abholen.
Umsatzausfälle, schwierige Planung für den Einzelhandel in Bad Sobernheim
Norbert Gebhardt, Inhaber von Sport Gebhardt, bleibt über E-Mail und Beratungstermine in Kontakt mit seinen Kunden. Glücklicherweise sei Sport Gebhardt vom Sortiment her nicht winterlastig aufgestellt, beschreibt der Kaufmann. Ein verlängerter Lockdown bedeute trotz allem komplette Umsatzausfälle auch bei Saisonwaren bzw. Winterartikeln, die im restlichen Geschäftsjahr nicht erbracht werden könnten. „Zumal die Winterware für den nächsten Winter zum Teil schon geordert werden musste. Das macht jede Planung des Winterwarensortimentes im Nachhinein zunichte“, schildert der Sporthändler. Er setzt auf Kundenkontakt per Termin und explizit nicht auf Online-Handel: „Unsere Kunden können telefonisch von 9 bis 12:30 Uhr unter Tel. 06751 / 2476 und per E-Mail info@sport-gebhardt.de 24 Stunden täglich sieben Tage die Woche Kontakt aufnehmen. Da von unseren Kunden echte, fundierte Fachberatung mit ausgezeichneter Expertise ausdrücklich gewünscht wird, wäre ein Onlineshop das Gegenteil von dem, was unsere Kunden möchten.“ Erfahrungsgemäß würden 80 Prozent der Entscheidungen bei einem Besuch im Geschäft mit den Vorteilen einer Beratung völlig anders getroffen als zuhause, schildert Gebhardt. „Das ist online einfach in der Qualität nicht darstellbar. Das erklärt übrigens auch die vielen Rücksendungen im Onlinehandel, was ökologisch gesehen ein absoluter Supergau ist.“
Einschränkungen gleichen einem Berufsverbot
Für die staatlichen Hilfsprogramme hat sich Sport Gebhardt noch nicht beworben: „Offen gesagt habe ich diese Hilfen bisher nur überflogen. Ich hatte im November und Dezember gut zu tun und der Kunde hat immer erste Priorität. Für den Januar werde ich mir durch die Totalschließung aber die Programme näher anschauen. Die Hilfen im Frühjahr waren für uns völlig untauglich und gingen an der Realität in den Geschäften komplett vorbei. Ich habe die Befürchtung, dass es mit den derzeitigen Hilfen auch nicht viel anders ist“, vermutet Gebhardt.
Unternehmen wie Sport Gebhardt, die über ein funktionierendes Terminbuchungssystem mit vollständiger Kontakt-Nachverfolgung verfügen und die Vorgaben Infektionsschutz nicht nur eingehalten, sondern übertroffen hätten, müssten jetzt „unverschuldet und undifferenziert“ Einschränkungen ertragen, die laut Gebhardt „praktisch einem Berufsverbot gleichkommen. Es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass Geschäfte wie das meine ein Risiko in dieser Pandemie sind. Alle geforderten Maßnahmen zum Infektionsschutz wurden bei uns nicht nur eingehalten, sondern übertroffen. Wir nehmen unsere Kunden und deren Schutz sehr ernst – aber haben dadurch keinerlei Vorteile. Da wäre eine angemessene Entschädigung und nicht nur eine geringe Unkostenbeteiligung verhältnismäßig. Am hilfreichsten wäre jedoch eine Öffnung für Einzelkunden mit Termin gewesen. Als Kaufmann möchte man sein Geschäft führen und für seine Kunden da sein. Finanzhilfen sind kein Geschäftsmodell.“
Hilfsprogramme sind uninteressant
„Signifikante Mindereinnahmen bei gleichbleibend hohen Kosten“, bedeutet der Lockdown für die Gärtnerei Bock in Merxheim. Martin Bock betont: „Unsere Personaldecke ist dünn so, dass uns Kurzarbeit nicht weiterhilft, um Geld zu sparen.“ Investitionen in den Verkaufsstandort Merxheim würden derzeit hinterfragt. Um in Kontakt mit den Kunden zu bleiben hat die Gärtnerei ihre Webseite aktualisiert und vor Weihnachten verstärkt Facebook als Werbemittel genutzt. Für Januar seien jedoch weniger Werbeausgaben geplant. Auf für die Gärtnerei Bock sind die Hilfsprogramme uninteressant: „Wir verwenden aktuell unsere Zeit auf die Aufstellung des Unternehmens nach dem Lockdown“, schildert Martin Bock. Doch er hat einen Wunsch an die Politik: „Eine faire Behandlung kleiner Unternehmen.“
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