Kleine Geschichte der Mobilität in der Felkestadt Bad Sobernheim
BAD SOBERNHEIM. Er soll als rollender Botschafter für die Felke Stadt Bad Sobernheim dienen: Am 6. September 2020 wurde ein Zug der vlexx GmbH klassisch mit Sekt auf den Namen „Bad Sobernheim“ getauft. Er befährt die Strecke zwischen Frankfurt und Saarbrücken. Die Leiterin des Heimatmuseums Bad Sobernheim, Anke Wiechert, nutzte die Gelegenheit der offiziellen Zugtaufe, ihre Zuhörer auf einen historischen Streifzug durch die städtische Geschichte der Mobilität mitzunehmen. Viele Jahrhunderte reiste Wiechert dafür gedanklich mit den Zuhörern zurück. Nahe dran hat die wichtigsten Eckpunkte zusammengefasst.
Archäologische Funde belegen, dass auf dem Gebiet der heutigen Stadt Bad Sobernheim schon zur Römerzeit mehrere Handelsstraßen aufeinanderstießen. Damals nannte man die heutige Kleinstadt noch „villa suberenheim“. So gehörte u. a. die Fernstraße von Mainz nach Metz zu einer wichtigen Handelsroute. Die Römer bauten sie im Laufe der Jahre aus. Aufgrund der vorteilhaften Lage erhielt Sobernheim im 13. und 14. Jahrhundert gleich dreimal die Stadtrechte. Einmal 1279, ein weiteres Mal 1324 und 1330. Die wirtschaftliche Bedeutung der ländlich geprägten Stadt wurde im Verlauf der Jahrunderte größer.
Die Erhebung zur Stadt brachte gleichzeitig das Handels- und Marktrecht mit sich. Folglich konnten auch Zölle und Steuern erhoben werden. Die Stadt hatte zudem das Recht, Märkte stattfinden zu lassen. „Noch heute zeugen davon unser Wochenmarkt und die saisonalen Krammärkte“, wie Anke Wiechert erklärte. Die Berufsgruppe der Händler erlebte dadurch einen Aufschwung. Sie schlugen ihre Zelte in Sobernheim auf, wo sie ihre Waren anboten. Dazu gehörten auch die sogenannten fliegenden Händler.
Aufblühen des kirchlichen Lebens Sobernheims mit wirtschaftlichem Aufschwung
Auch im geistlich-kirchlichen Leben schlugen sich die neuen wirtschaftlichen Entwicklungen sichtbar nieder. Es gab Klosterniederlassungen entlang der heutigen evangelischen Matthiaskirche, die von Erzbischof Williges gestiftet wurde. Es gab das Disibodenberger Hofgut, von dem heute nur noch die Kapelle existiert. Weiterhin ließen sich die Johanniter nahe der heutigen Malteserkapelle nieder. Darüber hinaus fand sich eine Niederlassung des Wilhelmitenklosters Marienpforte bei Waldböckelheim in der Stadt. Neben diesen Klosterorden wirkten gleichermaßen klosterähnliche Gemeinschaften in der Stadt. So arbeiteten die Beginen in ihrer Klause. Diese befand sich auf dem heutigen Denkmalplatz.
„Mit den Stadtrechten erhielt Sobernheim auch eine Stadtbefestigung mit insgesamt neun Warttürmen, wovon das Obertor im Westen und das Untertor im Osten die Ein- und Auslass-Tore waren“, beschreibt Anke Wiechert. Die Areale um den Bahnhof lagen außerhalb der Stadtmauer. Sie zog sich durch die heutige Bahnhofsstraße und verlief ringförmig um das mittelalterliche Stadtzentrum.
Mit der Postkutsche Tage unterwegs
Die Händler kamen zu Fuß oder mit Pferden und Kutschen in die Stadt. Ab 1818 konnten Menschen eine Postkutsche nutzen, die zwischen Kreuznach und Oberstein fuhr und u.a. in Sobernheim einen Haltepunkt hatte. Ein interessanter Fakt: Von Sobernheim nach Mainz (heute mit dem Auto oder Zug in ca. 45 bis 50 Minuten zu schaffen), benötigte der Weg mit der Postkutsche einen Tag Reisezeit. Nach Saarbrücken waren zwei Tagesreisen einzuplanen.
Neue Bahnstrecke in Sobernheim
Eine Zäsur war der Anschluss Sobernheims 1859 an die Rhein-Nahe Saar-Eisenbahn. Am 25. Mai 1860 wurde die neue Bahnstrecke von Bingerbrück bis Saarbrücken in Bad Kreuznach eröffnet. Sobernheim war nun ein Halt der Rhein-Nahe-Bahn mit 15 Tunnel auf einer Strecke von 121 Kilometern. Der Bau an der Nahe gestaltete sich aufgrund der Geologie der Region als große Herausforderung.
Plötzlich ließen sich Reisen mit der Kutsche von ein bis zwei Tagen mit der Bahn auf eine Dauer von wenigen Stunden verkürzen. Außerdem war es nun machbar, Waren und Güter zu befördern. Das Handwerk und die Manufakturen der Stadt und des Umlandes erlebten den Beginn des Industriezeitalters.
In Sobernheim kam es in Folge dessen zu einer Vielzahl an Firmengründungen:
- Firma Ewald und Caesar (1886),
- die Strumpffabrik Marum (1865),
- die Druck- und Kartonagefabrik Melsbach (1832),
- die Schuhfabrik Bernardi und
- die Ziegelei Eimer (nach 1900).
Über das 19. Jahrhundert machte die Bahn ein entscheidendes Kriterium bei Standortbestimmungen, Firmengründungen sowie Niederlassungen aus. Davon zeugen bis heute Anschlussgleise auf dem Gelände von Betrieben und Firmen im westlichen Industriegebiet.
Das Kurwesen und die Bahn
Als der Ehrenbürger Emanuel Felke 1915 nach Sobernheim kam und hier sein Kurwesen aufbaute, kam ihm der Bahnanschluss zugute. In Massen reisten Kurgäste und Patienten an, damit sie der Lehmpastor Felke behandeln konnte. Für die Stadt war das ein weiteres finanzielles Standbein. Ohne die Gleisanbindung hätte das Kurwesen wohl nicht so enorm wachsen können. Heute ist es eine tragende Säule der Wirtschaft in der Kleinstadt an der Nahe.
Die Bahn und der Krieg in Bad Sobernheim
Soldaten reisten im Ersten und Zweiten Weltkrieg auch mit der Eisenbahn. Egal ob Lebensmittel, Militärgut oder andere wichtige kriegswirtschaftliche Waren kamen mit dem Güterverkehr von A nach B. Die Stadt blieb hinsichtlich großer kriegerischer Gefechte weitestgehend verschont.
Allerdings musste die Stadt kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges einen harten Rückschlag einstecken. „Am 5. Januar 1945 stürzten 674 Bomben auf das Stadtgebiet. Dies ist aus einem Militärbericht der US Air Force zu belegen“, wusste die Leiterin des Heimatmuseums. Der alliierte Bombenangriff sollte hauptsächlich die Eisenbahnanlagen der Stadt in Schutt und Asche legen und die Transportwege unterbrechen. 42 Bomber verrichteten ihr kriegerisches Werk. Die Bahnlinie und die Bahnhofstraße wurden vollkommen zerstört. 25 Häuser gab es nicht mehr. 150 waren schwer beschädigt. Bis heute lässt sich dieses tragische Ereignis im Stadtbild erkennen. Denn in der Innenstadt stehen historische Gebäude neben verhältnismäßig jüngeren Häusern, die in den Nachkriegsjahren errichtet wurden.
Der Straßenbau in den 50er Jahren
Der Straßenbau wie auch der der B41 (ab 1953) prägten wiederrum die Geschichte der Stadt. Güterverkehr gibt es auf der Bahnstrecke Bad Sobernheims heute keinen mehr. Berufspendler, Schüler, Auszubildende und Studenten nutzen sie heute, außerdem viele Touristen. Der Tourismus hat heute im Wirtschaftsleben der Stadt einen bedeutenden Stellenwert.